Für viele junge Menschen markiert der Erwerb des Führerscheins einen bedeutsamen Schritt in Richtung Unabhängigkeit. Doch gerade in den ersten Monaten nach dem Bestehen der Fahrerlaubnis ist das Unfallrisiko besonders hoch.
Laut Daten des Statistischen Bundesamts sind Fahranfänger zwischen 18 und 24 Jahren deutlich häufiger in Unfälle mit Personenschaden verwickelt als andere Altersgruppen. Die Ursachen dafür fallen vielfältig aus. Sie bestehen besonders häufig in mangelnder Fahrpraxis, Selbstüberschätzung und Ablenkung am Steuer.
Umso wichtiger ist eine solide Ausbildung, die nicht nur das Bestehen der Prüfung zum Ziel hat, sondern auch auf reale Gefahrensituationen auf den Straßen vorbereitet. Worauf es im Detail ankommt, erklärt der folgende Beitrag.
Wo die größten Risiken liegen
Die häufigsten Unfallursachen bei jungen Fahrern bestehen in einer überhöhten Geschwindigkeit, dem Missachten der Vorfahrt und unzureichendem Abstand. Auch der Einfluss von Alkohol und Drogen spielt eine Rolle, ebenso wie Ablenkung durch Smartphones oder andere Fahrzeuginsassen.
Hinzu kommt häufig, dass noch das Gespür für Gefahrensituationen im Straßenverkehr fehlt. Die Fahranfänger unterschätzen dabei häufig ihr eigenes Tempo sowie die Komplexität bestimmter Verkehrssituationen. Dies gilt insbesondere in der Dunkelheit oder bei Nässe.
Einen weiteren Risikofaktor stellt eine Fahrt mit einer größeren Gruppe dar. Studien zeigen, dass das Unfallrisiko steigt, wenn mehrere junge Menschen gemeinsam im Fahrzeug unterwegs sind. Der soziale Druck, sich zu beweisen oder vor den Freunden möglichst „cool“ zu wirken, hat nämlich häufig zur Folge, dass riskanter gefahren wird.
Verkehrserziehung als entscheidender Baustein
Eine fundierte Verkehrserziehung leistet einen wichtigen Beitrag, wenn es um die Vermeidung von Unfällen geht.
Neben der praktischen Fahrausbildung spielen dabei vorbereitende Kurse eine zentrale Rolle. In der Schweiz ist beispielsweise der VKU Zürich ein verpflichtender Bestandteil auf dem Weg zum Führerschein. Der Verkehrskundekurs legt einen besonderen Fokus auf die Gefahrenwahrnehmung, das Verhalten im Straßenverkehr und das Zusammenspiel der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer.
Solche Kurse schaffen ein besseres Verständnis für Risiken und fördern ein defensives Fahrverhalten. Damit wird eine essentielle Grundlage gebildet, die weit über die Prüfung hinaus positive Auswirkungen zeigt.
Was wirklich hilft: Früh üben und reflektieren
Die Erfahrungen zeigen, dass regelmäßiges Fahren unter Anleitung – zum Beispiel im Rahmen von begleiteten Fahrten – einen positiven Einfluss auf das Sicherheitsverhalten junger Menschen hat.
Diejenigen, die schon vor der Prüfung vielfältige Situationen erlebt haben, reagieren später souveräner. Auch Reflexionsgespräche nach Übungsfahrten oder der Austausch mit erfahrenen Fahrern stellen eine Hilfe dar, wenn es darum geht, die eigenen Fehlerquellen zu erkennen.
Als sinnvoll gelten heute zudem Simulationstrainings, beispielsweise auf speziellen Verkehrsübungsplätzen. Dort können Extremsituationen wie Vollbremsungen oder Ausweichmanöver geprobt werden, ohne eine reale Gefahr. einzugehen.
Auch der Umgang mit modernen Assistenzsystemen, wie etwa Spurhalteassistenten oder Notbremsfunktionen, sollte gezielt trainiert werden. Diese Technologien bieten zwar zusätzliche Sicherheit, sie ersetzen aber niemals die eigene Aufmerksamkeit und ein umsichtiges Fahren.
Was wenig bringt: Einzelmaßnahmen ohne Gesamtkonzept
Maßnahmen wie das reine Auswendiglernen von Verkehrsregeln oder das Absolvieren von Online-Modulen ohne praktische Anwendung bleiben in ihrer Wirkung begrenzt. Auch reine Informationskampagnen zur Abschreckung, zum Beispiel in Form von Unfallbildern, zeigen bei jungen Zielgruppen in den meisten Fällen kaum nachhaltige Effekte. Entscheidend ist also die Verknüpfung von Wissen, Selbsterfahrung und konstruktivem Feedback.
Eine gesunde Skepsis ist darüber hinaus auch bei einer übermäßigen Technikgläubigkeit geboten. Wie bereits erwähnt, unterstützen die Fahrerassistenzsysteme in vielen Situationen, aber sie können das menschliche Verhalten nicht vollständig kompensieren. Ein zu großes Vertrauen in diese Systeme kann daher schnell dazu führen, dass sich Fahranfänger zu sehr auf technische Hilfen verlassen und dadurch die eigene Reaktionsfähigkeit vernachlässigen.
Ein Blick auf nachhaltige Prävention
Als langfristig wirksam zeigen sich vor allem verkehrspädagogische Konzepte, die auf eigenverantwortliches Verhalten abzielen. Programme, bei denen junge Menschen ihre eigenen Einstellungen zum Fahren hinterfragen, gelten als besonders effektiv. Zu diesen zählen etwa Workshops an Schulen oder in Fahrschulen, bei denen reale Erfahrungen und die Reflexion in der Gruppe im Vordergrund stehen.
Zudem ist der soziale Kontext nicht zu unterschätzen. Wenn im familiären oder freundschaftlichen Umfeld ein sicheres Fahrverhalten als normal gilt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich junge Menschen daran orientieren. Vorbilder spielen damit eine noch größere Rolle als großangelegte Präventionskampagnen.
Unfallprävention als Zusammenspiel verschiedener Komponenten
Bei der Unfallprävention bei Fahranfängern handelt es sich um kein kurzfristiges Projekt. Für den Erfolg ist das Zusammenspiel aus Ausbildung, Erfahrung und persönlicher Haltung entscheidend.
Verpflichtende Kurse wie der VKU in der Schweiz leisten in diesem Zusammenhang einen wertvollen Beitrag zu der Entwicklung eines verantwortungsvollen Fahrstils. Entscheidend ist jedoch, dass die jungen Fahrer nicht nur wissen, wie sie ein Fahrzeug bedienen, sondern auch verstehen, welche Verantwortung damit einhergeht.
Diejenigen, die früh lernen, die Risiken auf den Straßen richtig einzuschätzen und souverän zu handeln, schaffen also die besten Voraussetzungen für eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr.